Von Julie, 6. Klasse
Gestern stand ich wie immer auf meiner mit feinen Schnitzereien verzierten Kommode aus Mahagoniholz. Viele denken jetzt, das wäre nicht schlimm, aber wenn ihr diesen Schmutz sehen würdet, würde euch Höhren und Sehen vergehen. Vor meinem stattlichen Vasenbauch, in dem das Wasser schon seit drei Tagen nicht gewechselt worden war, was ich persönlich eine Frechheit finde, lag doch tatsächlich eine Staubmaus. Und ich bitte euch, für eine Villa, in der über 80 Angestellte arbeiten, ja ich weiß, dass das viele sind, wovon mindestens ein Achtel Putzleute sind, erwarte ich wirklich mehr Sauberkeit. Zumindest hätten sie in mich etwas weniger klebende Blumen reinstellen können. Mein wunderschöner Vasenhals war schon ganz pappig. Endlich kam ein Putzmann um die Ecke. Der hätte auch schon früher kommen können. Naja, man kann ja nicht alles im Leben haben. Doch was war das? Ich wurde plötzlich ziemlich unsanft gepackt. Grade eben wollte ich mich mit: „Seien Sie doch mal etwas vorsichtiger! Schließlich bin ich eine Dame!“, beschweren. Da fiel mir ein, dass mich dieser Volltrottel gar nicht hören konnte. Ich wurde also gefährlich schwankend durch die Gegend getragen. Als ich sah, dass wir in der Küche ankamen, atmete ich erleichtert aus. Jetzt könnte ich ein mit Warmwasser volles Spülbecken gut gebrauchen, dennoch wurde ich daran vorbei getragen und immer näher zu einem teuer, aber komisch aussehenden Kasten getragen, vor dem ein anderer Mann stand. Der, der mich trug, begann zu sprechen: “ Ey, Guther, mach mal die Spülmaschine auf. Nimm aber davor die klebrigen Blumen aus der Vase!“
Spülmaschine hieß der Kasten vor meiner Nase. Als er geöffnet wurde, kam mir der beißende Geruch von Geschirrspülmittel entgegen. Langsam setzten mich die Männer hinein. Ich versuchte mich zu wehren, was aber so gut wie nicht ging, da ich mich ja nicht bewegen konnte. Als ich in der Maschine stand, schloss sich die Klappe hinter mir. Ich bekam langsam, aber stetig wachsend Angst. Es war stockdunkel hier drinnen. Als ich das bemerkt hatte, ging an der niedrigen Decke ein kleines Lämpchen an und ich konnte mich im Dämmerlicht umschauen. In meiner näheren Umgebung standen um die 20 schmutzigen Teller und Tassen. Auf einmal rauschte Wasser von oben und ich erschrak fürchterlich. Das Wasser stank babarisch nach günstig riechendem Spühlmittel und es war kochend heiß. Ich schaute mich panisch um, ob hier ein Ausgang ist, aber ich sah keinen. Jetzt war mein Ende gekommen. Wenn ich doch nur von meiner Kommode gefallen wäre, dann hätte man wenigstens sagen können „Scherben bringen Glück“. Aber nein! Ich spürte, wie mein kunstvoll aufgemaltes Muster sich langsam löste. Doch plötzlich öffnete sich die Spülmaschinenklappe und ich sah meinen Besitzer.
Er hob mich behutsam aus meiner Hölle. In diesem Moment war ich ihm so dankbar wie noch nie. Im Stillen bedankte ich mich bei ihm. Er brachte mich ins Wohnzimmer und stellt mich auf den Esstisch. Von diesem Zeitpunkt an war ich die glücklichste Vase der Welt.Noch mal Glück gehabt